Wer sein Geld in eine so genannte Steuersparimmobilie investiert hat, sollte den realistischen Verkehrswert seiner Anlage feststellen lassen. Gerade bei Zweitmarktgeschäften müssen Anleger besonders wachsam sein, empfiehlt die Kanzlei Hoffmann & Partner.
Anders als es der weit verbreitete Begriff der Schrottimmobilien zunächst vermuten lässt, handelt es sich bei diesen Immobilien in aller Regel zwar nicht um „Bruchbuden“ im Sinne von baufälligen oder grob mangelhaften Objekten. Ein gewichtiges Problem ist jedoch die Minderwertigkeit der Objekte. Die den Anlegern abverlangten Kaufpreise waren in vielen Fällen ganz erheblich überhöht.
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Die Schere zwischen den tatsächlichen Verkehrswerten der Immobilien und den Darlehenssummen kann existenzgefährdende Dimensionen annehmen. Noch offene Darlehensforderungen in Höhe des zwei- bis dreifachen der tatsächlichen Werte sind leider keine Seltenheit. Die Erfahrungen der Kanzlei zeigen, dass Anlegern, denen die Minderwertigkeit nicht bewusst ist, „sitzen“ bildlich gesprochen auf „einer tickenden Zeitbombe“ sitzen, die in aller Regel erst Jahre später bei Verkaufs- oder Umfinanzierungsversuchen „explodiert“.
Dementsprechend ist der Hauptansatzpunkt für eine Haftung der Bank eine Aufklärungspflichtverletzung wegen eines Wissensvorsprungs hinsichtlich der „sittenwidrigen Kaufpreisüberhöhung“. „Der Bank wird hier vereinfacht gesagt vorgeworfen, wissentlich oder zumindest erkennbar eine sittenwidrig überteuerte Immobilie finanziert zu haben“, erläutert Rechtsanwalt Dr. Hoffmann.
In der Rechtsprechung findet sich in diesem Zusammenhang die Formel, dass der Kaufpreis „knapp doppelt so hoch“ sein muss wie der tatsächliche Verkehrswert der Immobilie zum Zeitpunkt des Erwerbs. Eine allgemein gültige exakte Grenzziehung im Sinne einer prozentgenauen Markierung, ab der ein „knapp doppelt so hoher“ Kaufpreis anzunehmen ist, hat die Rechtsprechung bisher vermieden. Es wurde im jeweiligen Einzelfall entschieden.
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Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass etwa das OLG Dresden in seiner Entscheidung vom 28.06.2012, 9 U 1758/11, in einem Verfahren gegen die ehemalige GMAC-RFC Bank GmbH, die jetzige Paratus AMC GmbH, eine Überteuerung von „nur“ 79,3 Prozent für die Sittenwidrigkeit ausreichen ließ.
Nicht selten findet sich die Auffassung, dass eine „knapp doppelt so hohe“ Überteuerung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) erst dann vorliege, wenn eine Grenze von 85 bis 90 Prozent überschritten ist. „Hierbei wird jedoch verkannt, dass auch nach dem BGH geringere Abweichungen für eine Sittenwidrigkeit genügen, wenn – wie im entschiedenen Fall – weitere, besondere Umstände hinzutreten“, stellt Rechtsanwalt Dr. Hoffmann klar, der an dem Verfahren in erster Instanz vor dem Landgericht Zwickau beteiligt war.
Dem tatsächlichen Verkehrswert der Immobilie zum aktuellen sowie zum Zeitpunkt des Erwerbs kommt daher sowohl in wirtschaftlicher als auch in rechtlicher Hinsicht bei der Frage einer etwaigen Bankenhaftung ganz entscheidende Bedeutung zu.
Anleger sollten den Verkehrswert ihrer Immobilie daher überprüfen. Gerade bei Zweitmarktgeschäften ist besondere Vorsicht geboten. Die Erfahrung zeigt, dass die abverlangten Kaufpreise oftmals ganz erheblich von den realistischen und ansonsten marktüblichen Wiederverkaufspreisen abweichen.
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Erste Anhaltspunkte können Grundstücksmarktberichte der Gemeinden und Marktberichte großer Maklerverbände liefern. Zudem kann eine überschlägige Ertragswertberechnung vorgenommen werden. In Großstädten beträgt der Ertragswert das zehn- bis vierzehnfache der Jahresnettomiete, in Ballungszentren auch bis zum zwanzigfachen“, ergänzt Rechtsanwalt Göpfert. Letztverbindlich sollte der Verkehrswert aber immer durch einen qualifizierten Sachverständigen bestimmt werden.