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Kommt der 10.000 Euro Schein?

Wann kommt der 10.000 Euro Schein? (c) Bundesbank – eigene Illustration

Die Professoren Aloys Prinz aus Münster und Hanno Beck aus Pforzheim schlagen vor, Notenbanken sollten Geldscheine mit Nennwerten von 1.000, 5.000 oder 10.000 Euro in Umlauf bringen. Das Ziel: Sparer vor Minuszinsen zu retten. Vermutlich knallte bei dieser Meldung in der Schattenwirtschaft so mancher Champagnerkorken. Zu verlockend ist die Vorstellung, die Tageseinnahmen aus den illegalen Aktivitäten bequem in der Brieftasche zu transportieren, anstatt umständlich in Koffern. Der Champagner kann in der Flasche bleiben. Die neuen Banknoten sollen nicht für Transaktionen verwendet werden, sondern lediglich als Wertaufbewahrungsscheine dienen, so das Konzept der Professoren. Sie unterscheiden zwischen „T-Geld“ in kleineren Scheinen für Transaktionen und „W-Geld“ in Groß-Scheinen für die Wertaufbewahrung. Mit den großen Scheinen wollen sie Sparer vor Minuszinsen retten. Denn nur mit Bargeld kann man die derzeitige Politik der Notenbanken unterlaufen. Entsprechend reagierte die Notenbank wenig begeistert. Dabei ist dieser Vorschlag gar nicht so ungewöhnlich. In anderen Währungsräumen existieren Banknoten mit hohen Nennwerten. In Großbritannien beispielsweise gibt es Noten mit einem Wert von einer bis 100 Millionen Pfund. Die Scheine sind nicht für den Zahlungsverkehr zugelassen, sondern werden nur im Bankenhandel genutzt. Für jede gedruckte Banknote hinterlegen die Banken den Wert in Pfund bei der Bank of England. Auch in Deutschland wurde einmal eine Banknote mit einem solch hohen Nennwert eingeführt. Der Grund war damals allerdings das Gegenteil von Wertaufbewahrung. Als im Januar 1922 der 10.000-Mark-Schein in Umlauf gebracht wurde, wechselte die Inflation in der Weimarer Republik gerade vom Trab in den Galopp. Die Inflation saugte langsam das Vermögen der Deutschen auf. Schon im Oktober 1922 war der 10.000 Mark Schein keine zwei Dollar mehr wert. Im November brachte die Reichsbank den 50.000 Mark Schein in Umlauf und spätestens damit startete die Hyperinflation. In der Endphase betrug die Inflationsrate 1923 zigtausend Prozent pro Monat. Am 25. Oktober brachte die Reichsbank die Hundert Billionen Mark Note heraus – der höchste je in Deutschland ausgegebene Geldschein. Deutschland befand sich in einem geldpolitischen Ausnahmezustand. Die Menschen prassten und lebten in den Tag hinein. Eine regelrechte Kaufpanik hatte die Bevölkerung erfasst. Denn Ware war ausreichend vorhanden. Es fehlte nur das stabile Geld, um sie zu kaufen. Das einzige was wirklich zählte, waren Sachwerte. Diamanten, Münzen, Antiquitäten, Klaviere, Kunst und natürlich Devisen. Die Dummen waren all jene, die über Geldvermögen verfügten. Große Teile der Mittelschicht wurden praktisch über Nacht enteignet. Getroffen wurden auch die Aktionäre. Zwar vervielfachten Aktien in die Inflationsphase innerhalb weniger Monate ihren Wert, gaben die Gewinne danach aber auch genauso schnell wieder ab. Wer allerdings diese Ausschläge durchhielt, konnte in der Hyperinflation mit Aktien sein Vermögen zumindest zum Teil erhalten. Durch die Währungsreform wurde die Hyperinflation beendet. Ab Oktober 1924 galt die neue Reichsmark und die berühmten Goldenen Zwanziger Jahre bescherten Deutschland einen beispiellosen wirtschaftlichen Aufschwung – bis zum Beginn der Weltwirtschaftskrise 1929. Allerdings herrschte während der Wirtschaftskrise keine Inflation sondern eine Deflation. Die Verbraucherpreise gingen zurück, weil die Unternehmen wegen der hohen Arbeitslosigkeit ihre Waren nicht mehr loswurden und darauf mit Preisnachlässen reagierten. Im Bewusstsein der Deutschen sind interessanterweise beide Krisen der Zwischenkriegszeit zu einer einzigen verschmolzen. Die besondere Sensibilität beim Thema Inflation hat darin vermutlich seine Ursache. Das führt dazu, dass die Risiken einer Inflation tendenziell überschätzt und die Risiken einer Deflation unterschätzt werden.

Glücklicherweise schätzt die EZB die Risiken der Deflation richtig ein. Die Geldpolitik der letzten Jahre ist im Wesentlichen darauf ausgerichtet, diese zu verhindern. Das Risiko einer steigenden Inflation wird dabei bewusst in Kauf genommen. Trotzdem wird es nicht zur Einführung einer 10.000 Euronote kommen. Ganz im Gegenteil. Der 500 Euro-Schein wird ja bereits nicht mehr neu gedruckt. Es mehren sich die Stimmen, die auch den 200er und 100er Euroschein gerne abschaffen würden. In Europa ist Deutschland noch eine kleine Insel der Bargeldzahler. Aber auch hier werden alternative Zahlungsmethoden immer beliebter. Jeder sollte sich, besonders im Rückblick auf das Jahr 1923, darüber bewusst sein, das Bargeld eben nicht geprägte Freiheit, sondern nur bedrucktes Papier ist.

Autor: Markus Richert, Finanzplaner bei der Portfolio Concept Vermögensmanagement GmbH in Köln

 

 

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