Im ersten Halbjahr 2017 waren es noch 282.686 gewesen, teilte das Bundesfinanzministerium dem Handelsblatt mit.
Der Großteil, rund 75 Prozent, entfiel auf Gerichtsvollzieher. Sie baten in 292.399 Fällen um Auskunft. Im ersten Halbjahr 2017 waren es noch rund 217.000 Ersuche gewesen. Im steuerlichen Bereich gingen 89.043 Anfragen beim Bundeszentralamt ein, 23.300 mehr als noch im Vorjahr. Auskunft wurde in insgesamt 274.232 Fällen erteilt. 89,9 Prozent davon entfielen la ut Schätzungen des Bundesfinanzministeriums auf Gerichtsvollzieher, zwei Prozent auf Anfragen zu Unterhaltsvorschüssen, 1,75 Prozent auf Fragen zur Grundsicherung und 0,51 Prozent auf Ersuche zur gesetzlichen Unfallversicherung.
Seit 2005 dürfen Behörden Konten von Bürgern ermitteln, seit 2013 auch Gerichtsvollzieher. Die Stellen erhalten nur Informationen zur Existenz des Kontos sowie einer möglichen Löschung, zudem den Namen und das Geburtsdatum des Bürgers. Kontostände oder Kontobewegungen werden ihnen nicht mitgeteilt. Aufgrund der größeren Zugriffsrechte für Behörden ist die Zahl der Abfragen seit 2010 stark gestiegen, von damals 56.669 auf 692.166 im Jahr 2017.
Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff sieht die Entwicklung kritisch. Mit der stetig steigenden Zahl der Abrufersuche „steigt auch das Risiko für fehlerhafte Datenübermittlungen oder Personenverwechslungen“. Für Betroffene könne das im Ein zelfall äußerst unangenehme Folgen wie Kontensperrungen nach sich ziehen. „Der Gesetzgeber sollte daher prüfen, ob weit gestreute Abrufbefugnisse wie beim Kontenabrufverfahren wirklich zwingend erforderlich sind.“ Auch FDP-Bundestagsfraktionsvize Christian Dürr übt Kritik: „Eine Tendenz zum gläsernen Bürger ist nicht von der Hand zu weisen.“ Steuergewerkschafts-Chef Thomas Eigenthaler verteidigt den häufigen Gebrauch der Abfragen dagegen: „Steuern zahlen ist nicht nur etwas für Ehrliche und Dumme.“