
Immer mehr Menschen suchen Rat in sozialen Medien, wenn es um Geldanlagen geht. Doch wie verlässlich sind die Informationen von sogenannten Finfluencern? Ein Blick auf die Chancen und Risiken dieser neuen Form der Beratung
Angesichts der Masse an Versicherungs und Finanzanlagevermittlern, Honorarberatern, Vermögensverwaltern, Banken und Sparkassen suchen viele Menschen Orientierung in sozialen Medien. Laut einer Umfrage der BaFin
betrachten über 50 Prozent der 18- bis 45-Jährigen soziale Plattformen als glaubwürdige Informationsquelle für Finanzthemen und folgen sogenannten Finfluencern. Doch die Qualität der Informationen ist oft fraglich.
Die eigenen Interessen im Vordergrund
Wichtig zu wissen ist: Finfluencer benötigen keine formale Qualifikation,
Zulassung oder unterliegen einer Haftungspflicht – solange sie keine
individuelle Beratung anbieten. Ob jemand fundiertes Wissen besitzt
oder lediglich Inhalte „nachspricht“, ist für Nutzer schwer zu erkennen.
Impressum, Lebenslauf oder Zertifikate fehlen oft. Gerade im Finanzbereich
ist jedoch ein Mindestmaß an Fachkenntnis essenziell – nicht nur
für korrekte Inhalte, sondern auch zum Schutz vor überhöhten Risiken.
Wer konkrete Produkte empfiehlt und dafür Provisionen erhält, kann schnell
in den Bereich der erlaubnispflichtigen Anlagevermittlung geraten. Dennoch
geben viele Finfluencer Tipps mit großer Reichweite – ohne jede
Regulierung. Besonders kritisch wird es, wenn mit „sicheren“ Systemen
oder zweistelligen Renditen in kurzer Zeit geworben wird. Auch
der Fokus auf einzelne Produkte wie Kryptowährungen oder hochspekulative
Derivate ist ein Warnsignal.
Viele Finfluencer verdienen direkt an den Produkten, die sie empfehlen
– etwa über Affiliate-Links oder bezahlte Kooperationen. Das schafft Interessenkonflikte, die nicht immer transparent gemacht werden. Merke: Wer permanent Gewinne verspricht oder einzelne Produkte glorifiziert, verfolgt meist eher Vertriebs- als Bildungsinteressen. Verbraucherschützer wie die Stiftung Warentest, die Verbraucherzentralen oder die BaFin bieten Warnlisten und Aufklärung.
Reichweite schlägt Qualität
Eine Studie des Swiss Finance Institute zeigt, dass über die Hälfte
der untersuchten Finfluencer mit ihren Empfehlungen schlechter
abschnitten als der Markt. Dennoch hatten gerade diese die meisten
Follower. Entscheidender als die Expertise ist die Inszenierung.
Professionelle Finanzberater sind dagegen zurückhaltender. Wer haftet,
vermeidet Aussagen zu Einzeltiteln oder Renditeversprechen. Dadurch wirken Beiträge aus Fachkreisen nüchterner – auch wenn sie inhaltlich belastbarer sind. In sozialen Medien wird diese Zurückhaltung schnell als Schwäche interpretiert.
Es wäre falsch, Finfluencer pauschal zu verurteilen. Manche vermitteln
Grundwissen verständlich und motivierend. Doch man sollte sich
bewusst machen: Jeder kann Influencer werden – ohne Nachweis der Eignung.
Gerade deshalb ist ein gewisses Maß an finanziellem Grundwissen nötig,
um Inhalte einordnen zu können. Wer die Grundlagen von Aktien,
Anleihen, Fonds oder Zertifikaten kennt, kann Finfluencer-Content besser
bewerten – und wird unabhängiger von Meinungen im Netz.