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Mietpreise verstärken Trend zu Wohngemeinschaften

© Kalle Kolodziej - Fotolia.comAngesichts der Mietsteigerungen in Großstädten wird die Wohngemeinschaft wird zum gesellschaftspolitischen Aspekt: Auch immer mehr Nicht-Studenten leben das neue Miteinander in WG’s, damit die Miete nicht arm macht.

Wer in einer deutschen Großstadt wie Hamburg, München oder Berlin auf der Suche nach einer günstigen Wohnung ist, dem bleiben eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Entweder stockt man über kurz oder lang sein Budget auf oder aber findet sich mit einem neuen Zuhause im Randbezirk ab. Denn in Ballungszentren schrumpft der Wohnungsmarkt im unteren Preissegment. Das liegt vordergründig am Bauboom in den Städten, der sich fast ausschließlich auf die Errichtung neuer Büroflächen beschränkt. Wohnungen werden hingegen immer knapper. So befürchten die Bauverbände, dass es bis 2025 an 360.000 Wohnungen pro Jahr mangelt (Prognos Studie). Trotz Bevölkerungsrückgang in Deutschland wächst aufgrund der Attraktivität und besseren Lebensbedingungen in den Großstädten die Zahl der Haushalte. Und mit ihnen wachsen auch die Mieten.

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Laut dem unabhängigen wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Beratungsunternehmen empirica sind diese in Deutschland allein im letzten Jahr um fünf Prozent gestiegen. Zum anderen treibt die Individualisierung die Mietpreise in die Höhe. Singles leben gerne in den Stadtzentren, um abends auszugehen, Kultureinrichtungen, Cafés und Kinos sowie trendige Kneipen aufzusuchen – ohne dabei lange Anfahrtswege in Kauf nehmen zu müssen. Wird ein Viertel zu einem städtischen Hot Spot, folgen auf die Bewohner angepasste Lokalitäten und Geschäfte. Angestammte, einkommensschwächere Anwohner werden indes aus den neuen Szene-Bezirken vertrieben. Diese Entwicklung beschleunigen einige Vermieter, indem sie die angestammten Bewohner aus ihren vier Wänden verscheuchen. Bei Neuvermietungen entstehen so aufgrund einer fehlenden Obergrenze große Mietsprünge, so der Deutsche Mieterbund.

Die Miete erhöht das Armutsrisiko

Nach einer Studie der Bertelsmann Stiftung kann eine Wohnung in zentraler Lage für Familien inzwischen sogar zum Armutsrisiko werden. Einkommensschwache Haushalte landen infolge hoher Mieten vermehrt unterhalb der staatlichen Grundsicherung. Verdienen die Eltern weniger als 60 Prozent des ortsüblichen mittleren Einkommens, haben sie in 60 der 100 größten deutschen Städte, abzüglich der Miete, im Durchschnitt weniger Geld zur Verfügung als solche, die auf Hartz-IV angewiesen sind. In München geben einkommensschwache Familien im Durchschnitt sogar jeden zweiten Euro für die Miete aus. Wer dem bundesdeutschen Durchschnitt entsprechend 30 Prozent des Einkommens fürs Wohnen ausgeben will, ist mancherorts chancenlos, überhaupt ein Zuhause zu finden.

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Wohngemeinschaften – kein Privileg für Studenten

Davon betroffen sind aber auch viele junge Menschen, die am Anfang ihrer beruflichen Karriere stehen und denen schlichtweg die finanziellen Mittel fehlen. Von ihnen wird berufliche Flexibilität gefordert und sie werden oftmals nur zeitlich befristet eingesetzt. Trotzdem sind ihnen soziale Kontakte sowie eine hohe Lebensqualität enorm wichtig. Was bis vor einigen Jahren Studenten vorbehalten war, setzt sich bei jungen Großstädtern nun fort. Sie ziehen in Wohngemeinschaften, was für sie nicht nur eine große Geldersparnis, sondern auch sozialen Austausch bedeutet.

Auf mehrere Schultern verteilt, lässt sich die hohe Miete bezahlen. Für fast jeden Geschmack findet man die richtige Gemeinschaft. Wenn nicht, gründet man eben kurzerhand selbst eine Wohngemeinschaft. Daran finden auch zunehmend ältere Menschen Gefallen, die entweder in seniorengerechte- oder generationenübergreifende Wohngemeinschaften ziehen. Ruheständler, die mit Jüngeren zusammenleben, profitieren nicht nur davon, dass ihre Mitbewohner ihnen Dinge abnehmen können, sondern auch von der gegenseitigen Kommunikation – umgekehrt wirkt sich das genauso bereichernd aus. Gesellschaftlich gesehen, lässt sich in diesem Rahmen ein neuer Trend des Miteinanders erkennen, der sich in Zukunft weiter verfestigen wird.

Auch wenn dies eine gelungene Möglichkeit ist, aus der Not eine Tugend zu machen, so bleibt das Problem der hohen Mieten und knappen Wohnräume davon unberührt. Herzs Krymalowski, Immobilienexperte und Geschäftsführer der plusForta GmbH, fordert Änderungen: „Den Vermietern allein die Schuld an den überdurchschnittlichen Mietsteigerungen zu geben, greift zu kurz. Stadtplanerisch muss umgedacht und der Bau neuer Wohnungen gefördert werden. Dabei darf es sich dann aber nicht um Luxusimmobilien handeln, sondern es müssen Wohnungen geschaffen werden, die auch für Ottonormalverdiener geeignet und bezahlbar sind. Den Vermietern gilt es, durch Obergrenzen den Reiz an Neuvermietungen zu nehmen, damit die bisherigen Mieter in ihrem Zuhause bleiben können.“

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