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Gemeinsam Segeln statt Segel streichen

FutureConcepts - Freie Schule GlonntalBeste Erfolge mit ihren „schwimmenden Klassenzimmern“ auf drei Schulsegelschiffen konnte die Freie Schule Glonntal in den letzten Jahren verbuchen. Nun wird das Erfolgsmodell ausgedehnt. Eltern und Lehrer sollen sich auf gemeinsamen Segeltörns näher kommen und als Team zusammenwachsen. Ab Frühjahr 2014 heißt es dann: „Kurs halten auf Elba“!

„Du hast ja nicht die geringste Ahnung, wie schwer das alles für mich ist!“ Wer kennt ihn nicht, diesen Seufzer – egal ob von Eltern oder von Kindern ausgesprochen. Alles wäre leichter, könnten Groß und Klein einfach mal für ein paar Tage die Rollen tauschen. Und sicherlich würde es ähnlich turbulent zugehen wie in der 10 Jahre alten Hollywood-Komödie „Freaky Friday“. Hier schlüpfen eine gestresste Teenagermutter und ihre aufmüpfige, 14-jährige Tochter plötzlich und unfreiwillig in das Leben des anderen. Bei allen Slapstick-Einlagen kommt dabei doch eine wichtige Botschaft rüber: Jeder kann das Leben und Handeln eines anderen erst dann nachvollziehen, wenn er sich eine Zeitlang eng in dessen Lebensumfeld bewegt. Dazu gehört es auch, jene Personen näher kennen zu lernen, mit denen der andere am häufigsten zusammen ist.

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Ergo: Wer als Elternteil erfahren möchte, wie er sein Kind z. B. in schulischen Bereichen am besten versteht und unterstützt, sollte sich auch mal dessen Lehrer näher ansehen. Vielleicht ist Frau Müller ja immer nur „so doof“, weil diese Lehrerin den jugendlichen Hang zum regelmäßigen Vertrödeln der Hausaufgaben konsequent unterbindet. Und vielleicht wäre Rektor Schulze eher zur Einrichtung eines extra Leistungskurses bereit, wenn er die Lebensumstände seiner Schüler besser kennen würde.

In allen Schulen werden regelmäßig Elternabende veranstaltet. Das Ziel: einen kontinuierlichen Austausch zwischen Eltern und Lehrern herstellen, der letztendlich dem Wohle und schulischen Erfolg des Schülers dient. Die Praxis sieht leider oft anders aus: Eltern, die keine Lust mehr dazu haben, zwei Stunden lang zu warten, bis sie mal fünf Minuten Zeit bekommen, um über die Mathematikschwäche ihres Sohnes zu reden. Lehrer, die enttäuscht sind, dass viele Eltern diese Abende nur als kurze Pflicht sehen und sich während des Jahres kaum um die Leistungen ihrer Kinder kümmern. So suchen einige Schulen nach neuen Wegen, damit Eltern und Lehrer künftig besser an einem Strang ziehen.

Eine dieser Einrichtungen ist die Freie Schule Glonntal in der Nähe von München. Rektor Hartmut Lüling hat eine klare Vision: „Ich sehe Eltern und Lehrerschaft eindeutig als Team. Ein Team, das in einem Boot sitzt und gemeinschaftlich erreichen will, dass die Kinder den richtigen Kurs einschlagen. Doch damit ein Team gut funktioniert, muss es sich nah genug kennen, es muss sich auch in stürmischen Zeiten aufeinander verlassen können und die Teammitglieder sollten sich vor allem gegenseitig vertrauen.“ Lülings Anlehnung an den Seglerjargon kommt nicht von ungefähr. Schon seit Jahren verbucht die Glonntal-Schule nachhaltige Erfolge mit seinem „Unterricht in schwimmenden Klassenzimmern“, der in den Sommermonaten auf mehreren Schulschiffen abgehalten wird. Dieses erfolgreiche Konzept wird nun weiter ausgedehnt.

„Erlebnispädagogik auch für Eltern“ heißt das neue Stichwort – und es verspricht, ein voller Erfolg zu werden. Die Eltern/Lehrer-Seminare werden auf den drei Schulseglern stattfinden und jeweils drei bis fünf Tage dauern. Während dann bis zu neun Personen in einem Boot um die Insel Elba schippern, wird man automatisch zu einem Team zusammengeschweißt. Eltern und Lehrer agieren als eine Mannschaft, die sich gegenseitig unterstützt, die Segel hisst oder einholt, gemeinsam kocht, spült und putzt. Sowohl die Seminar- als auch die Freistunden werden für ein Zusammenwachsen auf einer tiefen und nachhaltigen Ebene genutzt. Rektor Lüling ist der festen Überzeugung, dass sein neues Konzept aufgehen wird: „Wir haben es auf den Segeltörns mit unseren Schülern vielfach erlebt: Oft bedarf es keiner Worte. Schon nach kurzer Zeit genügt nur ein Blick, ein Händedruck oder eine kleine Umarmung – und jeder weiß sofort, worum es dem anderen geht.“ Grundsätzlich gibt es bei jedem Segeltörn eine klare Vereinbarung zwischen Eltern und Lehrern: Austausch ja, Indiskretion nein. Das Vertrauen zwischen Schülern und Lehrern, zwischen Eltern und Kindern bleibt stets gewahrt. Doch beide erwachsenen Seiten halten stets fair zusammen und begleiten die Jugendlichen als gut eingespieltes Team sicher durch die Wogen der Pubertät.

Ein weiterer, wesentlicher Zweck der Segelseminare: Die Eltern können nach dieser Erfahrung einen wesentlichen Teil der Erlebniswelt ihrer Kinder praktisch und gefühlsmäßig nachvollziehen. Damit begegnen sich beide Seiten auf einer neuen Ebene, die sie leichter durch die kommenden Schuljahre tragen wird. Und wenn sich ein Schüler künftig daheim beschwert, dass die Lehrerin viel zu streng oder ein Lehrer ungerecht war, fällt der elterliche Griff zum Telefon nun ebenfalls leichter. Denn statt Zögern und Misstrauen agieren nun Engagement und Offenheit.

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